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Willkommen zu Ausgabe #198 des Newsletters!
Wenn du dir vorab einen Überblick über die Inhalte dieser Ausgabe verschaffen möchtest, lies am besten als Erstes die folgende Zusammenfassung.
TL;DR:
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Der Tag der ersten Hauptverhandlung als Referendar*in bei der Staatsanwaltschaft ist einer der spannungsreichsten der gesamten Ausbildung. Das erste Mal darfst du bei einer strafrechtlichen Verhandlung nicht nur zuschauen, sondern auch eigenverantwortlich an ihr teilnehmen und in einer ansehnlichen Robe mit Samtbesatz deinen Beitrag zur Rechtspflege leisten. Wer wäre da nicht aufgeregt!
I. BLEIB LOCKER
Vor dir haben schon hunderte, wenn nicht tausende, Referendar*innen ihre erste Hauptverhandlung hinter sich gebracht. Die anderen Verfahrensbeteiligten und die StPO erwarten auch nichts Unmögliches von dir. Die StPO weist der Staatsanwaltschaft primär zwei zwingende Rollen zu:
Bei allen anderen Geschehnissen in der Hauptverhandlung kannst du als Vertreter*in der Staatsanwaltschaft jederzeit mitwirken, musst es aber nicht. Wenn du etwa meinst, das Gericht habe alle notwendigen Fragen gestellt, brauchst du nicht einmal den Angeklagten oder eine Zeugin zu befragen. Auch musst du dich nicht zu prozessrechtlichen Fragen äußern und kannst auf eine mündliche Stellungnahme verzichten, wenn du das Problem rechtlich (noch) nicht durchschaut hast. Das ist bei Referendar*innen nichts Ungewöhnliches; schließlich lernst du noch.
Auch wenn der Schlussvortrag dich im Moment noch in Aufregung versetzt: Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass er dir gut gelingen wird. Diesmal mag es für dich das erste Mal sein, dass du einen Vortrag in freier Rede vor Gericht hältst, aber du wirst in deinem beruflichen Leben noch oft vor Gericht sprechen. Sieh die erste Hauptverhandlung deswegen als Übung auf einem langen Weg an, bei der du noch gar nicht viel falsch machen kannst.
Denk außerdem daran: Du bist nicht allein. Im Gericht sitzt mindestens noch eine Richterin oder ein Richter, die im Zweifel wissen, was zu tun ist.
II. BEREITE DICH VOR
Vorbereitung ist die halbe Miete. Aber viel mehr, als dich richtig vorzubereiten, musst und kannst du auch gar nicht machen. Schau dir zur Vorbereitung deiner Hauptverhandlung die Akte genau an. Überlege dir, auf welche Tatsachen es ankommt und welche Rechtsfragen sich möglicherweise stellen werden. Jetzt hast du noch die Gelegenheit, Rechtsfragen im Kommentar nachzuschauen oder dir ggf. Fragen für Zeugen oder Angeklagte(n) auszudenken. In der Hauptverhandlung geht das natürlich auch, aber du wirst immer unter einem größeren zeitlichen Druck stehen.
Mach dir zudem klar, wie man einen Schlussvortrag aufbaut und gliedert. Leg dir ruhig einen Zettel mit dem Aufbau eines Schlussvortrags zur Handakte, damit du in der Stresssituation ein geordnetes Plädoyer halten kannst. Du kannst auch schon mögliche Milderungen berechnen, damit du den Strafrahmen präsent hast (z. B. bei einem minder schweren Fall der gefährlichen Körperverletzung). Verzichte aber unbedingt auf ein ausformuliertes Plädoyer, das du nur noch ablesen musst (dazu gleich mehr). Hab in der mündlichen Verhandlung auch keine Scheu, dem Gericht zu sagen, dass du noch mal fünf Minuten benötigst, um über den Fall nachzudenken, bevor du deinen Schlussvortrag hältst.
III. SCHÖPFE AUS DER HAUPTVERHANDLUNG
Im Strafrecht gilt das Mündlichkeitsprinzip. Nur, was in der mündlichen Verhandlung thematisiert worden ist, darf auch für das Urteil verwendet werden. Die meisten Hauptverhandlungen verlaufen recht unspektakulär. Oft geht es nicht um Rechts-, manchmal nicht einmal um Tatfragen. Vielmehr muss zumeist ein mehr oder weniger feststehendes Verhalten des/der Angeklagten bewertet und geahndet werden. Manchmal laufen die Verhandlungen aber auch wie in einer Soap-Opera, die Zeugen verstricken sich in Widersprüche, Geständnisse werden widerrufen, und auf einmal ist doch alles ganz anders, als es in der Handakte zunächst zu sein schien.
Du wirst feststellen, dass in der mündlichen Verhandlung immer neue Gesichtspunkte zutage treten, die man nicht vorhergesehen hat und auch nicht vorhersehen konnte. Es ist deswegen nicht sinnvoll, vor der mündlichen Verhandlung ein fertiges Plädoyer vorzubereiten oder gar den Schlussvortrag auszuformulieren. Das wäre unangemessen gegenüber der oder dem Angeklagten und auch dem Gericht. Außerdem zwingst du dich so in ein Denkmuster, das dem wahren Sachverhalt nach der mündlichen Verhandlung nicht mehr gerecht wird. Bewahre dir die nötige Flexibilität, mit der du auf das Geschehen im Gericht reagieren kannst.
Ein Beispiel für ein solches Plädoyer findest du hier auf unserem Blog. Eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich.
IV. BLEIB MENSCHLICH
Eine Strafverhandlung dient unter anderem drei Zwecken:
Und das setzt Augenmaß voraus. Denk daran: Der Angeklagte, die Geschädigte und die Zeugen sind echte Menschen mit echten Schicksalen. Als Referendar*in wirst du keine Mordanklagen verhandeln, aber auch das »normale« Strafrecht kann einschneidende Sanktionen mit sich bringen oder das Leben der Beteiligten auf andere Art verändern. Es ist nicht Aufgabe der Staatsanwaltschaft, einfach nur Verurteilungen zu produzieren, sondern zu einem rechtsstaatlichen Verfahren und ethisch einwandfreien Urteil beizutragen. Diese Verantwortung liegt nun erstmalig auch in deinen Händen. Sei dir dessen bewusst und geh behutsam damit um.
Wann immer/ Wenn es sich richtig für dich anfühlt:
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