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Der Schlussvortrag in der Hauptverhandlung: Beispiel für ein Plädoyer

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrter Herr [Rechtsanwalt] Dr. Müller, sehr geehrter Herr [Angeklagter] Kramer,

nach der Beweisaufnahme steht fest, dass der Angeklagte – wie in der Anklageschrift ausgeführt – am Tattage den Spiegel vom Fahrzeug des Geschädigten Meier abgetreten hat und damit einen Schaden von tausend Euro verursachte. Damit wir diesen Sachverhalt als zutreffend annehmen dürfen, gibt uns das Gesetz richtigerweise vor, dass wir einen für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit haben müssen, der vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet. Das liegt hier zweifelsfrei vor. Der Angeklagte hat sich nicht eingelassen. Gleichwohl zeigt das in Augenschein genommene Überwachungsvideo des Busbahnhofs Mittelstraße einen Mann von der Statur des Angeklagten, der den Spiegel um 2:55 Uhr abtritt und dabei ein weißes T-Shirt, blaue Jeans und besonders auffällige gelbe Turnschuhe trägt. Dass es sich hierbei um den Angeklagten gehandelt haben muss, folgt aus der ebenfalls in Augenschein genommenen Videoaufnahme der fünfzig Meter entfernten Sparkasse Mittelstraße um 2:53 Uhr, welche den Angeklagten deutlich erkennen und keinen Zweifel daran lässt, dass er in dieser Nacht ein weißes T-Shirt, blaue Jeans und auffällige gelbe Turnschuhe getragen hat. Es spricht deswegen alles dafür, dass es der Angeklagte gewesen ist, der zwei Minuten später den Spiegel vom Auto des Geschädigten Meier abgetreten hat. Auch, dass keine der beiden Kameras in den Minuten vor oder nach der Tat eine andere Person zeigt, lässt darauf schließen, dass es der Angeklagte gewesen ist, der am Tattage den Spiegel abgetreten hat. Ich vermag keinen vernünftigen Zweifel daran zu erkennen, dass der Angeklagte der Täter ist.

Dieses Verhalten stellt eine vorsätzliche Sachbeschädigung im Sinne des § 303 Abs. 1 StGB dar und wird mit Freiheitsstraße bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet. Der Angeklagte hat sich nicht geständig eingelassen. Das können wir also nicht zu seinen Gunsten einstellen. Zu seinen Gunsten spricht aber natürlich, dass er bisher nicht einschlägig vorbestraft ist und die Tat nunmehr auch zwei Jahre zurückliegt. Der Angeklagte hat zwischenzeitlich eine Tochter bekommen und lebt nach längerer Obdachlosigkeit nunmehr in geordneten Verhältnissen, wie er selbst bei den Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen mitteilte. Ich meine, dass sich hieraus eine positive Prognose ableiten lässt und dass eine zu scharfe Sanktion dem offensichtlich positiven Lebenswandel des Angeklagten entgegenstünde. Gleichwohl hat der Angeklagte durch sein Verhalten einen Schaden von 1.000,- EUR verursacht, welchen er bisher nicht ausgeglichen hat. Das an den Tag gelegte Verhalten ist auch von einer Rohheit und scheinbar dem Wunsch der Schadenszufügung gekennzeichnet und kann deswegen nicht folgenlos bleiben.

Insgesamt meine ich, dass wir es hier trotzdem bei einer moderaten Geldstrafe belassen können. Für tat- und schuldangemessen halte ich eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 20,- EUR. Da das Verfahren sich über zwei Jahre hingezogen hat und vom allgegenwärtigen Corona-Stau in der Strafrechtspflege betroffen war, welche der Angeklagte natürlich nicht zu vertreten hat, meine ich, dass nach der Vollstreckungslösung hiervon 20 Tagessätze als vollstreckt gelten müssen.

Ich beantrage, den Angeklagter daher zu einer Geldstraße von 50 Tagessätzen zu je 20,- EUR, mithin zu einer Gesamtgeldstraße von 1000,- EUR, zu verurteilen, wobei hiervon 20 Tagessätze bereits als vollstreckt gelten.

Vielen Dank.

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