JNG #200: Die Viertelstunde danach ist entscheidend

Lesezeit: 4 Minuten

Willkommen zu Ausgabe #200 des Newsletters! 🥳

Wenn du dir vorab einen Überblick über die Inhalte dieser Ausgabe verschaffen möchtest, lies am besten als Erstes die folgende Zusammenfassung.

TL;DR: 

  • Wenn du etwas stärker im Gedächtnis verankern möchtest, versetze dich unmittelbar im Anschluss an den Lernvorgang in einen adrenalingeladenen Zustand.
  • Kältebehandlung (englisch cold exposure) ist eine schöne Low-Cost-Möglichkeit, Adrenalin freizusetzen.
  • Den gewünschten Effekt erzeugt auch Sport, allerdings nur solcher, der nicht lediglich die Durchblutung fördert.
  • Entspannungsübungen eignen sich nur für die ersten acht Stunden nach dem Aufwachen, da sie andernfalls deinen elementar wichtigen Nachtschlaf beeinträchtigen können.

 

***

 

    Sicher – wir streiten gelegentlich darüber, welche Lernstrategie uns am schnellsten zum Ziel führt und welche Lernmethode die Beste ist, aber wir sind uns doch darüber einig, dass wir ums Lernen an sich nicht umhinkommen.

Aber was, wenn ich dir sage, dass fast genauso wichtig ist, was du im Anschluss an deine Lernsession tust? Ja! Du kannst dein Lernen mit ganz einfachen Mitteln in der Viertelstunde danach dauerhaft positiv beeinflussen.

Die Forschungsfrage in dieser Woche lautet daher: Was sollte ich unmittelbar im Anschluss an meine Lernsession tun, um sie rückwirkend noch effektiver zu machen?

Heute möchte ich dir sechs verschiedene Möglichkeiten vorstellen; dir fallen vielleicht sogar noch mehr ein. Sie lassen sich den Kategorien Anspannung und Entspannung zuordnen.

 

I. ANSPANNUNG

    Um eine Lernsession rückwirkend noch effektiver zu machen, kannst du deinen Körper positivem Stress aussetzen (sog. Eustress). Die dahinterstehende Idee: Wenn du etwas stärker im Gedächtnis verankern möchtest, versetze dich unmittelbar im Anschluss an den Lernvorgang in einen adrenalingeladenen Zustand.

Wer versucht, etwas zu lernen, das keine emotionale Reaktion auslöst (vielleicht studierst du doch das Falsche …), und direkt danach keine Adrenalinausschüttung fördert, verschenkt beträchtliches Potenzial jeder Lerneinheit. Der Adrenalinspiegel im Anschluss an ein Ereignis entscheidet nämlich darüber, wie zuverlässig eine Erinnerung an dieses Ereignis geschaffen wird.

1. KOFFEIN

    Selbst Koffein stimuliert schon die Ausschüttung von Adrenalin. Es bietet sich allerdings an, es schon vor Abschluss der Lernsession zuzuführen, weil es erst nach 20–25 Minuten in deinen Blutkreislauf gelangt und frühestens dann seine Wirkung entfalten kann. Der Schlafexperte Matthew Walker empfiehlt jedoch, spätestens zehn Stunden vor dem Zubettgehen kein Koffein mehr zu konsumieren.

2. KÄLTEBEHANDLUNG

    Kältebehandlung (englisch cold exposure) ist eine schöne Low-Cost-Möglichkeit, Adrenalin freizusetzen.

Du kannst …

  • kalt duschen (meine Frau liebt Wechselduschen. Nicht.),
  • deine Arme in Eiswasser tauchen oder
  • in dem Wetter unangemessener (aber bitte nicht anzüglicher) Kleidung aus dem Haus gehen und ein wenig frieren.

Erstrebe einen Zustand, bei dem dir das o. Ä. durch den Kopf geht: »Oh Mann, das ist so kalt, ich will, dass es aufhört, aber ich weiß auch, dass ich mich nicht umbringe, wenn ich es noch länger aushalte.« Der renommierte Neurowissenschaftler Andrew Huberman beschreibt es so:

3. SPORT

    Den gewünschten Effekt erzeugt auch Sport, allerdings nur solcher, der nicht lediglich die Durchblutung fördert.

Faustformel: Wenn eine Aktivität deine Atmung beschleunigt, deine Pupillen erweitert und es dir schwerfällt, klar zu denken, dann sind das typische Anzeichen einer erhöhten Adrenalinausschüttung. Duschst du dich – wie eben angeregt – nach dem Lernen etwa kalt genug ab, wird genau das passieren.

 

II. ENTSPANNUNG

    Nicht nur Anspannung, sondern auch Entspannung macht deine Lerneinheiten effektiver. Ich habe über die Jahre die folgenden drei Möglichkeiten für mich entdeckt:

1. NICKERCHEN

    Option Nr. 1 ist das Nickerchen. 

Das allseits bekannte Nachmittagstief tritt sieben bis acht Stunden nach dem Aufwachen auf, bei den meisten Menschen also zwischen 14 und 16 Uhr. Dieser Zeitraum eignet sich perfekt für ein Nickerchen. Naps mit einer Länge von 10–20 Minuten sind ideal.

Fun-Fact: Statistisch gesehen, ist die unproduktivste Tageszeit 14:55 Uhr. Als ich das gelesen habe, lag ich gerade wie ein sabbernder Lappen auf der Couch und fühlte mich zu nichts mehr in der Lage. Kurz auf die Uhr geschaut. Ja, stimmt.

2. MEDITATION

    Option Nr. 2 ist Meditation. 

Um mit Meditation wirklich langfristig Erfolge zu erzielen, legt uns die Forschung 13 Minuten pro Tag nahe, mindestens acht Wochen lang. Wenn du nicht bereit bist, diese Zeit zu investieren: fair enough. Für interessierte Leser*innen verlinke ich unten die entsprechende Studie.

Ich nutze seit jeher die App Calm; ein paar Freunde von mir bevorzugen Headspace. Welches Tool du nutzt, spielt eine untergeordnete Rolle. Entscheidend ist, dass du’s machst.

3. SELBSTHYPNOSE

    Option Nr. 3 ist Selbsthypnose. 

Disclaimer: Wenn du nicht bereit bist, dich darauf einzulassen, wird das auch nichts. Für den Fall, dass du dem Ganzen jedoch eine ernsthafte Chance gibst, kannst du dich in nur etwa zehn Minuten erstaunlich gut entspannen und zugleich einen hohen Fokus entwickeln – zwei Dinge, von denen ich immer dachte, sie würden sich ausschließen. Du magst das für Hokuspokus halten; der Wirksamkeit der Methode liegen jedoch gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse zugrunde.

Mittlerweile präferiere ich einminütige Mikrohypnosen (s. o.), alle halbe Stunde. Teste und trainiere am besten aber erst einmal deine »Hypnotisierbarkeit«, bevor du tiefer einsteigst. Kopf gerade halten, Augen aufrollen, an die Decke schauen. Nun einen Punkt fixieren und ganz langsam die Augen schließen, ohne den Blick zu senken. Je besser dir das gelingt, desto mehr wirst du von Selbsthypnose profitieren. Ich nutze die App Reveri und bekomme nicht einen Cent dafür, dass ich das hier sage. Schade eigentlich.

Tipp: Praktiziere diese drei Formen der Entspannung nur während der ersten acht Stunden nach dem Aufwachen, da sie andernfalls deinen elementar wichtigen Nachtschlaf beeinträchtigen können.

 


 

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Kurze tägliche Meditation verbessert die Aufmerksamkeit, das Gedächtnis, die Stimmung und die emotionale Regulierung auch bei unerfahrenen Meditierenden: https://bit.ly/3PnYaH5

Die besten Informationen rund um das Thema Selbsthypnose findest du beim Psychiater David Spiegel von der Stanford University: https://stan.md/3AkDAlh 

 


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