JNG #228: Die Upside-down-Examensvorbereitung

Lesezeit: 4 Minuten

Willkommen zu Ausgabe #228 des Newsletters!


Wenn du dir vorab einen Überblick über die Inhalte dieser Ausgabe verschaffen möchtest, lies am besten als Erstes die folgende Zusammenfassung.

TL;DR:

  • Die Vollständigkeitsfalle verhindert eine effektive Examensvorbereitung.
  • Das Konzept der Upside-down-Examensvorbereitung sieht vor, zuerst Fälle zu bearbeiten und dann die Theorie zu lernen.
  • Jeden Fall bearbeitest du in denselben fünf Schritten: Analyse des Sachverhalts, Umwandlung von Rechtsproblemen in Ja/Nein-Fragen, Aufstellen eines groben Prüfprogramms, Schließen von Lücken und Vertiefung mit Literatur und Rechtsprechung.

 

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Jeder tritt eines Tages zwangsläufig in die Vollständigkeitsfalle: Du denkst, du müssest den gesamten Stoff systematisch abarbeiten und das Wichtigste gelernt haben (was auch immer das bedeuten soll). Leider ist das ein Irrglaube. Diese Mentalität hat vielmehr zur Folge, dass du dich viel zu lange mit der Theorie aufhältst, bevor du dich an die Fallbearbeitung traust, weil du meinst, »ohne den Stoff doch keine Fälle lösen« zu können. Also lernst du letztlich ins Blaue hinein, ohne wissen zu können, ob dir das, was du dir aneignest, in der Klausursituation überhaupt nutzt. Weil sich alles in deiner Vorbereitung auf den Stoff konzentriert, der praktisch unüberschaubar groß ist, siehst du den Wald vor lauter Bäumen nicht und drehst dich im Kreis.

Wenn du dein juristisches Können immer nur von deinem Wissensstand abhängig machst, kann ich dir eine Garantie darauf geben, dass du dich nie fürs Examen bereit fühlen und immer davor zurückschrecken wirst, dich anzumelden.


In diesem Beitrag möchte ich dir daher einen alternativen Weg aufzeigen, der nicht nur für mich vor mehr als acht Jahren, sondern auch für etliche meiner Studierenden von Erfolg gezeichnet war. Ich nenne ihn Upside-down-Examensvorbereitung. In einem Satz zusammengefasst: Du machst erst Fälle, dann die Theorie. Sehen wir uns das Konzept genauer an, das im Wesentlichen aus fünf Schritten besteht.

I. Analysiere den Sachverhalt einer Original-Examensklausur
Dein hypothetischer Lerntag beginnt mit der Analyse des Sachverhalts einer Original-Examensklausur oder jedenfalls originalgetreuen. Diese beziehst du aus dem Examenskurs deiner Uni, dem JuS-Klausurenfinder oder entsprechenden Fallbüchern wie Die Examensklausur von Preis, Prütting, Sachs und Weigend. Ein Werkzeug wie die von mir entwickelte Mindning-Methode eignet sich hervorragend zur Sachverhaltsanalyse. Wenn du jetzt gar nicht weißt, wovon ich rede – ich habe sie zuletzt in der 217. Ausgabe des Newsletters erklärt. Ich halte sie offen gestanden für die einzige Methode, die wirklich funktioniert.


II. Wandle die Rechtsprobleme des Falles in Rechtsfragen um, die du mit Ja oder Nein beantworten kannst
Nachdem du den Sachverhalt lückenlos erfasst hast, listest du die Rechtsprobleme auf, die sich im Fall stellen. Das werden wohl durchschnittlich fünf sein. Um das Problem eindeutig identifizieren können, empfiehlt es sich, es in eine Frage umzuwandeln, die du mit Ja oder Nein beantworten kannst. Aus »Wissenszurechnung bei juristischen Personen« wird dann etwa »Setzt eine Wissenszurechnung analog § 166 Abs. 1 BGB voraus, dass der Wissensvertreter eine gewisse Verantwortung für das konkrete Geschäft hatte?«.


III. Stelle ein grobes Prüfprogramm auf
Zwar ist es immer besser, eine Lösungsskizze – wenn auch nur in Form einer Gliederung – zu machen; aus Effizienzgründen rate ich jedoch dazu, sich im Regelfall auf ein grobes Prüfprogramm zu beschränken. Dieses enthält die Anspruchsgrundlagen, die in Betracht kommen, subjektiv-öffentliche Rechte, die möglicherweise verletzt wurden, Straftatbestände, die die Beteiligten verwirklicht haben könnten, usw. Sobald du die streitentscheidenden Rechtsnormen sinnvoll geordnet hast, wendest du dich dem Lösungsvorschlag zu.

IV. Schließe manifestierte Lücken
An dieser Stelle gilt es, die manifestierten Lücken zu schließen und entsprechende Karteikarten/ Zusammenfassungen o. Ä. zu erstellen. Untersuche den Lösungsvorschlag auf Ausführungen zu bestimmten Sachverhaltsangaben, die du nicht in der Lage warst, rechtlich zu deuten. Angenommen, in dem von dir bearbeiteten Sachverhalt fand sich die folgende Formulierung: »Da die Geschäfte gut laufen, beabsichtigt G, demnächst das Stammkapital seiner UG auf 25.000 € zu erhöhen. Im Vorgriff auf die Kapitalerhöhung lässt G bereits neues Briefpapier mit dem Briefkopf ›X-GmbH‹ drucken.« Das erfordert eine Transferleistung von dir; im besten Fall denkst du sofort an die analoge Anwendung des § 179 Abs. 1 BGB bei Verwendung eines falschen Rechtsformzusatzes. Hast du diese Transferleistung in der in Rede stehenden Klausur nicht erbracht, macht das nichts; Hauptsache, es gelingt dir beim nächsten Mal. Deshalb ackerst du ja die Falllösung durch; das sind genau die Lücken, die du schließen musst. Wenn du mit der Mindning-Methode arbeitest, sind diese Lücken besonders einfach zu identifizieren, weil deine Tabelle an der entsprechenden Stelle tatsächlich eine Lücke aufweist. Ein Grund mehr. 😉

V. Nutze Literatur und Rechtsprechung zur Vertiefung
Im fünften und letzten Schritt vertiefst du die Rechtsprobleme des Falles. Behalte dabei die simple Frage »Warum ist das ein Problem?« im Hinterkopf. Wenn’s nach mir geht, greifst du nämlich immer erst dann zu vertiefender Literatur und Rechtsprechung, wenn du wissen willst, warum sich eine bestimmte Rechtsfrage überhaupt stellt.


Oft finden sich auf der letzten Seite professioneller Lösungsvorschläge Vertiefungshinweise, die genau die bedeutenden Rechtsfragen der jeweiligen Klausur zum Gegenstand haben. Ich bevorzuge hier Aufsätze; du kannst aber natürlich auch Lehrbücher oder Kommentare verwenden. Sollten keine Vertiefungshinweise angegeben sein, kannst du den Fußnoten nachgehen, die sich auf passende Formulierungen zu den wichtigsten Rechtsfragen des Falles beziehen. Zumindest wird sich doch zu Beginn des Lösungsvorschlags eine Schwerpunktübersicht finden, von der ausgehend du eigene Recherchen anstellen kannst.

MVA

Es ist toll, dass du diesen Newsletter bis hierhin gelesen hast, aber wenn du nicht in die Umsetzung kommst, hast du allenfalls brauchbaren Input erhalten. MVA steht für minimum viable action – der erste (offensichtliche) Schritt in die richtige Richtung. Eine MVA ist in der Regel leicht zu identifizieren, einfach durchzuführen und sollte in den nächsten 24 Stunden getan werden. Sobald du den ersten Schritt identifiziert hast, fühlt sich jedes Projekt sofort weniger überwältigend an.

Dein erster Schritt: Überlege dir, woher du die ~70 Examensklausuren bekommst, die es zu deiner persönlichen Examensvorbereitung in Rekordzeit braucht.


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