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JNG #208: Fälle lösen, ohne den Sachverhalt zu kennen? 🤯

Lesezeit: 3,5 Minuten

Willkommen zu Ausgabe #208 des Newsletters!

Wenn du dir vorab einen Überblick über die Inhalte dieser Ausgabe verschaffen möchtest, lies am besten als Erstes die folgende Zusammenfassung.

TL;DR:

Analysiere zunächst den Bearbeitungsvermerk, um zu verstehen, welche Vorschriften für die Klausur relevant sind und welche keine Berücksichtigung finden sollen. Formuliere schon dann mögliche Antworten auf sämtliche Fallfragen, um dir den Einstieg zu erleichtern und deinem Gutachten früh Struktur zu verleihen. Beides schützt vor Überforderung und bereitet die Analyse des Sachverhalts effektiv vor.

 

***

 

Du drehst den Sachverhalt um oder – viel eher – die beidseitig bedruckten Seiten des Sachverhalts und stellst fest: vier Fallfragen. Alle aufgeworfenen Rechtsfragen sind, ggf. hilfsgutachterlich, in einem umfassenden Rechtsgutachten zu beantworten.

Fuck.

Du fühlst dich augenblicklich überfordert und weißt nicht, wo du anfangen geschweige denn wie du den kompletten Fall in fünf Stunden lösen sollst.

In derselben Situation befanden sich vor drei Wochen die Teilnehmer*innen des neuen endlich jura. Bootcamps. Exemplarisch möchte ich dir im Folgenden zeigen, wie wir durch eine bewusste und umfassende Auseinandersetzung mit Bearbeitungsvermerk und Fallfragen die Klausur in die richtige Richtung lenken konnten, ohne den Sachverhalt auch nur angerührt zu haben.

Lass uns gemeinsam – Schritt für Schritt – Bearbeitungsvermerk und Fallfragen analysieren und so Routine in die ersten Minuten deiner Klausur bringen. Du wirst überrascht sein, wie viel weniger einschüchternd im Anschluss der Sachverhalt auf dich wirkt. Wir beginnen mit dem Bearbeitungsvermerk und wagen uns dann an die vier Fallfragen. Los geht’s!

Bearbeitungsvermerk für alle Aufgaben: Die §§ 312–312k, 355–361 BGB sowie Vorschriften des KSchG sind nicht zu prüfen.

Sind bestimmte Vorschriften nicht zu prüfen, erkennt Klausurersteller*in damit an, dass du an diese möglicherweise zumindest gedacht und sie ggf. bei der Bearbeitung berücksichtigt hättest. Hierdurch wird – noch bevor du auch nur einen Satz des Sachverhalts kennst – ein erster Kontext für die Klausur geschaffen. Du schließt daraus im besten Fall schon jetzt, dass ein Verbrauchervertrag geschlossen wurde und dass es sich dabei wegen des Ausschlusses der Vorschriften des KSchG um einen Arbeitsvertrag handeln wird. Das ist gut, zu wissen; es macht den Fall greifbarer.

Frage 1: Hat W gegen T einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 15.000 € wegen der Wegnahme des Zahngoldes?

Zu prüfen ist ein Zahlungsanspruch, was uns zunächst wenig weiterhilft, da es Zahlungsansprüche wie Sand am Meer gibt. Allerdings erkennen wir bei genauerem Hinsehen, dass der Zahlungsanspruch offenbar aus einer unerlaubten Handlung oder einer Pflichtverletzung rührt (= Wegnahme des Zahngoldes). Der Begriff Wegnahme scheint dabei eine Wertung zu treffen. Sollte es zu einem Verfahren zwischen W und T kommen, so wäre dies vor den Landgerichten zu verhandeln (Streitwert über 5.000 €). Sollte Wegnahme rechtlich zu verstehen sein, könnte § 823 Abs. 2 BGB uns zum Schutzgesetz des § 242 Abs. 1 StGB hinleiten. Bei Zahngold handelt es sich um ein sog. Substitutiv-Implantat, über dessen Eigentumsfähigkeit und -lage man sicher streiten könnte.

Frage 2: Ist die fristlose Kündigung des T wirksam?

Hier denken wir sofort an § 626 Abs. 1 BGB (und nicht mehr an das KSchG). Außerdem fällt uns auf, dass die Fallfrage sehr präzise und gerade nicht offen gestellt ist (Extrembeispiel: Wie ist die Rechtslage?). Wir können schon jetzt einen passenden Obersatz formulieren: Die fristlose Kündigung des T ist wirksam, wenn (…). Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen: Die fristlose Kündigung des T ist wirksam, wenn die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB gegeben sind.

Frage 3: Hat W – unterstellt, die Kündigung ist wirksam – gegen T einen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe?

Hieraus schließen wir gerade nicht, dass du bei Frage 2 zu dem Ergebnis kommen sollst, die Kündigung sei wirksam. Die Fallfrage stellt bloß sicher, dass alle Kandidat*innen bei der Bearbeitung der Frage 3 im selben Boot sitzen. Bei einem Zahlungsanspruch aus einer Vertragsstrafe denken wir augenblicklich an AGB, § 310 Abs. 4 S. 2 Hs. 1 und § 309 Nr. 6 BGB. Richte dir dafür eine gedankliche Klingel ein.

Frage 4: Ist T an den Aufhebungsvertrag gebunden?

Auch diese Fallfrage ist präzise, nicht offen. Unsere Antwort muss also lauten: T ist an den Aufhebungsvertrag gebunden, wenn (…). Das Gesetz erkennt Aufhebungsverträge neben der Kündigung als zulässiges Mittel der Vertragsbeendigung an (vgl. § 623 BGB). Für diese werden oft AGB verwendet, die allerdings nur begrenzt kontrollfähig sind (vgl. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB). Loslösungsmöglichkeit Nr. 1, die uns zugunsten des T in den Sinn kommt, ist die Anfechtung. Denkbar also, dass unser Obersatz letztlich lautet: T ist an den Aufhebungsvertrag gebunden, wenn dieser nicht anfechtbar ist.

Ich weiß, dass sich das alles viel leichter anhört, als es ist, und nicht alle Studierenden so viel Erfahrung mitbringen wie ich; schließlich mache ich das schon ein paar Jährchen. Die Frage ist doch, ob du dich weiter unnötig verrückt machen oder stattdessen diesen Skill trainieren möchtest. Nicht alles wird dadurch einfach, aber ganz bestimmt einfacher.

 


 

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