JNG #341: Deine 2 Punkte sind kein Zufall

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🧭 Update zu All-Access → Upside-down

Ab sofort geht All-Access offiziell in die Upside-down-Phase über – mit neuen Fällen, Tools und Live-Formaten. Der Preis wurde leicht angepasst (6 Monate: 299 €, lebenslang: 599 €), bevor im Januar endgültig die Upside-down-Tarife gelten.

Wenn du also bisher gezögert hast, kannst du jetzt noch in dieser Übergangsphase einsteigen – und bist automatisch bei der Umstellung auf die neue Plattform im Januar dabei.

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Samstag, 9:00 Uhr. Probeklausur Zivilrecht. Fünf Stunden, wie im echten Leben.

Du willst wissen, wo du stehst. Fünf Stunden später weißt du es: bei 2 Punkten. Vielleicht 3, wenn man es gut mit dir meint. Immer dieselbe Scheiße.

Du lädst die Klausur hoch, fühlst dich leer, aber pflichtbewusst. „Immerhin durchgezogen“, sagst du dir. Wenn du sie denn tatsächlich hochlädst. Nächste Woche wirst du es wieder versuchen, kein Zweifel.

Du glaubst, du hättest dich geprüft. In Wahrheit hast du dich simuliert – mitsamt deinem improvisierten Ablauf. Du hast Chaos unter echten Bedingungen trainiert. Das fühlt sich vielleicht an wie Fortschritt; Michael von 2012 und 2013 kann dir aber nach etlichen dieser Simulationen sagen, dass das nur Routine im Deckmantel einer vermeintlich effektiven Examensvorbereitung ist.

Probeklausuren prüfen nicht dein Wissen (das machen deine Karteikarten), sondern dein System. Doch wer kein System hat, lässt sich Instabilität bescheinigen.

Es ist ein wiederkehrendes Motiv, wenn ich beginne, 1:1 mit Studierenden zu arbeiten, die noch geschädigt vom Kommerz-Rep-Probeklausuren-BS sind. Lieber mehr schreiben, statt mehr zu denken. 2 Punkte – das ist keine Note. Das ist eine Systemdiagnose.

Probeklausuren prüfen dich nicht

Die meisten Studierenden schreiben Probeklausuren, weil man das doch so macht. Um zu sehen, wo man steht. Das klingt so herrlich vernünftig.

Ein Klausurergebnis liefert in erster Linie Daten. 2 Punkte sagen dir, dass etwas nicht stimmt – aber nicht, was.

Der Teufel steckt im Detail. Du verwechselst die Messung mit dem Erkenntnisgewinn. Ein Thermometer heilt kein Fieber.

Denkabläufe, Zeitverteilung zwischen Sachverhaltsanalyse, Lösungsskizze und Reinschrift, die einzelnen Arbeitsschritte – nichts davon misst eine Probeklausur. Sie legt nur die Randomness deines Vorgehens offen.

Du hast den Sachverhalt nicht richtig gelesen? Oder den Grundsatz von der Relativität der Schuldverhältnisse missachtet? Been there, done that. Willkommen im Club. Beides führt zu 2 Punkten – aber beides braucht eine andere Problembehandlung.

Simulation ersetzt kein System

„Ich will den Ernstfall simulieren.“ Das wollen wir doch alle. Aber willst du den Ernstfall ernsthaft ohne erprobtes Klausursystem bestreiten?

Eine Prüfung testet Strukturen – und der Druck zeigt, ob sie tragen. Wer keine hat, trainiert nur Stress. Wenn du die aufgeworfenen Rechtsfragen nicht herausfilterst, unsystematisch gliederst und ohne Textbausteine schreibst, zeigt die Simulation nur, wie sich das unter Druck anfühlt. Nicht gut.

Ich wünschte, mir wäre ein besseres Bild eingefallen, aber: Ein Pilot macht keinen Testflug, bevor er die Checkliste kennt. Genau das tun die meisten Studierenden – sie fliegen blind. Sie schreiben ihre ersten Probeklausuren, bevor sie wissen, wie man überhaupt einen Fall löst.

Ein exemplarischer erster Schritt in die richtige Richtung: Mach alles so wie immer, aber nimm dir mal eine Viertelstunde mehr Zeit für die Sachverhaltsanalyse. Und bei jeder weiteren Probeklausur veränderst du ein Systemdetail, nicht mehrere. So wird das Ergebnis tatsächlich zum Lernsignal.

Daten ohne Wert

Das Erste, wonach man schaut, wenn die Klausur zurückgegeben wird, ist natürlich die Punktzahl. 5, 7 oder 3.

Eine Note fühlt sich objektiv an (nun ja, in unserem Fach vielleicht auch nicht), ist aber leer. Sie beschreibt das Ergebnis, nicht den Prozess.

Ein Feedbackbogen mit Kreuzchen beschreibt den Schaden, nicht die Ursache. Du weißt, dass du die falsche Anspruchsgrundlage hattest – aber nicht, warum. Du siehst, dass du Punkte liegengelassen hast – aber nicht, ob wegen unzulässigen Stils, unlogischer Prüfungsreihenfolge oder unpräzisem Ausdruck.

Deshalb sind viele nach zehn Probeklausuren nicht schlauer, sondern nur müder, weil sie Ergebnisse vergleichen, statt ihre Vorgehensweise zu hinterfragen.

Wer nur Ergebnisse sammelt, optimiert auf Statistik. Und Statistik ist die bequemste Form, Unklarheit zu verwalten.

Belastung ersetzt keine Diagnose

Stress lässt sich leicht mit Fortschritt verwechseln. Höhere Belastung = mehr Leistung. Doch wer das Falsche wiederholt, optimiert nur seine Fehler.

Du liest den Sachverhalt dreimal, schreibst dir etwas Unstrukturiertes an den Rand und nennst das Belastungstest. Druck verstärkt, was da ist – Chaos genauso wie Ordnung.

Belastung kann offenbaren, was das schwächste Glied der Kette ist – aber nur, wenn du ganz genau hinsiehst. Das ist letztlich Teil des Problems: Lernen wird mit Aushalten gleichgesetzt. Aber Aushalten ist kein Ersatz für Methodik.

Trainiere deine Falllösungstechnik und analysiere, wo sie versagt. Wo biegst du immer falsch ab? Welcher (negative) Gedanke schleicht sich ein, der dich aus dem Konzept bringt? Wo schluderst du, obwohl du es eigentlich besser weißt?

Wer untersucht, wo der Prozess bricht, kalibriert sein System. Das ist der feine Unterschied zwischen Fleiß und Fortschritt.

Bevor du schreibst …

Der Otto-Normal-Studierende startet zu früh mit Probeklausuren. Er verfällt dem Irrglauben der 100 oder gar 150.

Bevor du schreibst, musst du wissen, worauf du dich testest. Zeitmanagement? Sprachliches Feingefühl? Argumentation?
Spontanes Schreiben kann Erkenntnis bringen – aber selten die, die du suchst.

Entwickle erst dein Klausursystem, dann erprobst du es. Wie analysiere ich den Sachverhalt? Was lese ich zuerst? Wie umfangreich ist meine Lösungsskizze im Regelfall? Wo fasse ich mich immer kurz? Wie bekomme ich auch bei völliger Ahnungslosigkeit etwas einigermaßen Brauchbares zu Papier?

Wer durch tägliches Falltraining seine Abläufe schärft und sie verinnerlicht, braucht dann auch weniger Probeklausuren.

#examensrelevant



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